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Preis & Wert Teil 3: Das ist es mir wert!


Fachbeitrag in der Kosmetik international (10/2020)

Kosmetiker/-innen neigen dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen und zu wenig für ihre Dienstleistungen zu verlangen. Ein Fehler, findet Autor Thomas Pretschner. Im dritten und letzten Teil unserer Serie lädt er zu einem Perspektivenwechsel ein.

 

Offenbar trifft diese Beitragsreihe auf sehr großes Interesse, denn auch nach meinem letzten Beitrag erhielt ich wieder zahlreiche Fragen und Rückmeldungen. Im Grunde genommen ging es dabei immer um das Gleiche: „Wie kann ich denn bei meinen Kunden pro Minute 1,50 € verlangen. Das wären ja 90 € für eine 60-Minuten-Behandlung. Das zahlen die doch nie!“

 

Ich kann Sie sehr gut verstehen, habe ich doch bei meinen Beratungen und Coachings nahezu jedes Mal mit genau dieser Frage zu tun. In diesem Beitrag möchte ich Sie mit einfachen Schritten dazu bewegen, Ihr eigenes Wissen über Ihre Kunden einmal zu hinterfragen. Wenn Ihnen das gelingt, werden Sie mit einer bisher nie gekannten Selbstverständlichkeit die Preise auf ein angenehmes Niveau erhöhen – und sich dabei auch noch wohl fühlen.

Zu Beginn stellen Sie sich jedoch bitte erst einmal folgende Frage:

„Was ist, wenn ich meine Kunden falsch einschätze?“

 

Provokativ - ich weiß - aber notwendig, um andere Sichtweisen zuzulassen. Wie zum Beispiel die Sichtweise, dass die Kunden Ihre Leistungen wesentlich höher einschätzen als Sie selber. Als Unternehmer/in steht der Preis Ihrer Leistung in der Regel gleichbedeutend mit Geld. Geld um Kosten zu begleichen, Steuern zu zahlen und Ihren Lebensunterhalt zu sichern. Im Kopf Ihrer Kunden hat der Preis jedoch eine völlig andere Bedeutung. Er steht für eine Investition in die eigene Attraktivität und in das Beheben von Sorgen (wie z.B. Falten oder Hängebäckchen). Der Preis Ihrer Leistungen ist im Kopf Ihrer Kunden quasi nur eine Maßeinheit, um das persönliche Ziel zu erreichen. Da vor allem Neukunden in der Regel schnell und professionell zu diesem Ziel kommen wollen, planen sie von vornherein ein gewisses Budget dafür ein.

 

Machen wir es doch einmal bildhaft: Stellen Sie sich einmal vor, Sie wären im Urlaub in einem Hotel. Und Sie sehen auf dem Tisch ein Prospekt von einer tollen Burgruine oder einem romantischen Schlosscafé mit Blick auf eine idyllische Landschaft. Das Problem ist nur, Sie müssten 3 Kilometer bis dahin laufen (kein Auto, kein Fahrrad). Jetzt entscheiden Sie anhand der Ihnen vorliegenden Informationen, ob Ihnen das der Aufwand wert ist. – Haben Sie die Wanderung unternommen und es gefällt Ihnen dort noch viel mehr als in dem Prospekt, dann war es (in Ihrem Kopf) den Aufwand wert. Ist das Reiseziel ganz furchtbar, dann wären auch 500 Meter zu viel gewesen. Es war also den Aufwand nicht wert. Die Anzahl der Meter ist hier die Maßeinheit bis zum Erreichen Ihres Ziels.

 

Sehr ähnlich verhält es sich bei der kosmetischen Dienstleistung. Ein Interessent hat eine Sorge (Falten, lockeres Bindegewebe, etc.) und sucht nach jemandem, der das beheben kann. Ein paar Recherchen bei unterschiedlichen Anbietern später hat sich der Interessent ein etwaiges voraussichtliches Budget zurechtgelegt. Dabei handelt es sich um den Betrag, den er persönlich bereit wäre, für das beheben seiner empfundenen Hautsorgen zu investieren. Diese Sorgen grundsätzlich sind Luxus-Probleme, denn wir können sehr gut auch mit Falten oder schlaffer Haut überleben. Es ist nur eben nicht schön. Damit wird deutlich, dass die Kosmetik an sich eine Luxus-Leistung ist, die niemand zum Überleben braucht – und das ist gut!

 

Aus einer statistischen Erhebung konnte ich entnehmen, dass nur etwa 8,2% aller Frauen und 1,2% aller Männer in Deutschland überhaupt regelmäßig ins Kosmetikstudio gehen. Dabei handelt es in der Regel um die Personen, die über ausreichend Geld, Motivation und Zeit verfügen, um sich regelmäßig in einem Kosmetikstudio behandeln zu lassen.

 

Aber wie viel ist denn eigentlich „ausreichend Geld“? Einer Studie zur Einkommenssituation in Deutschland konnte ich entnehmen, dass ein durchschnittlicher Erwerbstätigen-Haushalt nach Abzug aller Kosten noch etwa 560 € für Luxus-Artikel, Freizeit sowie Gesundheits- und Schönheitspflege zur Verfügung hat. Und zwar jeden Monat! Und Ihre Kundinnen gehören nicht etwa zum Durchschnitt, sondern zu den oberen etwa 10% aller Frauen in Deutschland. Gehen Sie ab sofort also bitte davon aus, dass jeder Ihrer Kunden pro Monat etwa 500 € für Vergnügungen und kosmetischen Behandlungen zur Verfügung hat. Wie viel die Kunden davon bei Ihnen lassen, entscheiden Sie im Grunde genommen durch Ihre Preiskalkulation und Nutzenformulierungen selber. Denn das Verkaufen ist nur eine Frage, wie gut Sie den Wert Ihrer Leistung präsentieren.

 

Halten Sie sich bitte dazu den Begriff „preiswert“ vor Augen. Preiswert hat nichts mit „billig“ zu tun. Preiswert ist das Idealverhältnis von Preis und dem zu erwartenden Wert (für den Kunden!) einer Leistung. Behebt die Leistung die Sorgen des Kunden und ist der Preis angemessen hoch, dann war es „seinen Preis wert“ - genau wie bei der Strecke zum Reiseziel. Werben Sie aber von vornherein mit billigen Preisen, werden Sie genau diese qualitätsbewussten Kunden niemals kriegen. Dazu noch eine kleine Studie: In einer Befragung des GfK Verein aus dem Jahre 2013 mit über 2.100 Teilnehmern wurde festgestellt, dass rd. 70% der Befragten einen hohen Preis mit einer hohen zu erwartenden Qualität gleichsetzen. Und spätestens jetzt dürfte dem einen oder anderen der sprichwörtliche Kronleuchter aufgegangen sein. Denn in der Kosmetikbranche ist es an der Tagesordnung, dass Unternehmer/innen oft nicht den Wert der Leistung für den Kunden beachten, sondern ihre eigene Leistung zu geringschätzen. Und hier liegt der wahrscheinlich wichtigste Denkfehler: Kosmetik ist ein Luxus-Gut. Sie darf gar nicht billig sein, denn dann ist sie nichts wert!

 

Mehr noch, die meisten Unternehmer/innen versuchen mit Rabatten und Lockpreisen mehr Kunden zu gewinnen. Unglücklicherweise springen auf solche Angebote meist nur die ungeliebten Rabattjäger an. Kunden, die wenig Treue zum Kosmetikstudio aufbauen, nur sporadisch Termine machen und ständig über zu hohe Preise klagen. Diese Kunden haben ihre ganz eigene Philosophie und bei denen sind Preiserhöhungen oder auch Aktionsangebote mit höherem Wert fast nicht zu verkaufen. In der Annahme, dass jeder Kunde genauso denkt, trauen sich nur sehr wenige Kosmetiker/innen die Preise zu erhöhen oder mal richtig teure Aktionsangebote mit eben diesen 1,50 € pro Minute zusammenzustellen. Stattdessen leben sie lieber am Existenzminimum, lassen sich manchmal sogar von diesen Kunden Preise diktieren und hoffen, dass es irgendwann einmal von allein besser wird. Das Problem ist, dass diese Kunden mit ihrem Klage- und Billigpreis-Kaufverhalten die Termine für hochpreisig kaufende Kunden blockieren.

 

Wenn Sie nichts ändern, ändert sich nichts.

 

Dazu hier noch eine kleine Anleitung:

  1. Prüfen Sie Ihre eigenen Lebenshaltungskosten (ca. 30% vom Nettoumsatz).
  2. Prüfen Sie Ihre Betriebskosten. Ergeben die prozentual die 30% für Ihre Lebenshaltung?
  3. Errechnen Sie den Zielumsatz, den Sie benötigen um Ihre Lebenshaltungskosten zu erwirtschaften. (siehe 1. Beitrag dieser Reihe)
  4. Errechnen Sie, wie viel Umsatz Sie pro Kundentermin bzw. pro Minute machen müssten, um diesen Zielumsatz pro Jahr zu erreichen.
  5. Schauen Sie sich die Preise der Kosmetikstudios in Ihrer Nähe an (Marktpreise).
  6. Orientieren Sie sich mit Ihren vergleichbaren Leistungen bei ca. 10 bis max. 25% unter dem teuersten Wettbewerber.
  7. Können Sie etwas anbieten, was niemand anderes in Ihrer Region hat? Dann sollten Sie Ihre Preise gern höher kalkulieren (1,50 bis 2,00 € pro Minute). – Preise senken ist einfacher als Preise erhöhen.
  8. Erstellen Sie regelmäßig (z.B. Frühling, Sommer, Herbst, Winter, etc.) für Ihre Kunden ganz besondere Aktionsangebote mit einem Minutenumsatz von ca. 1,50 € pro Minute und formulieren Sie ausführlich, was diese Behandlung für die Haut Ihrer Kunden leisten kann. Verzichten Sie wenn möglich auf Fachbegriffe oder wissenschaftliche Formulierungen. Konzentrieren Sie sich stattdessen auf den Kundennutzen.

 

Und dann werben Sie damit, was das Zeug hält! Denn Erfolg kommt mit positiver Bekanntheit. Je bekannter Sie sind, also je mehr Menschen Sie kennen, umso mehr Kunden werden Ihre Angebote und Leistungen buchen.

 

Mir ist klar, dass einige von Ihnen mir schlichtweg nicht glauben. Sollte es wirklich so einfach sein? Nein, meine Kunden sind da anders. Oder?
Daher mein Tipp zum Testen: Erarbeiten Sie ein Angebot als „Basis-Version“ zum in etwa üblichen Verkaufspreis in Ihrem Unternehmen. Reduzieren Sie jedoch die Arbeitszeit, also z.B. 59,- € (Dauer: 50 Min. = 1,18 €/Min.). Und bieten Sie gleichzeitig eine „Business-Variante“ mit qualitativ höheren Leistungen und zu einem sichtbar höheren Preis, z.B. 89,- € (Dauer: 60 Min. = 1,48 €/Min.).

Bieten Sie bitte beides gleichzeitig in Ihren Werbemitteln an, empfehlen Sie persönlich aber immer das teurere. Und dann prüfen Sie einmal anschließend, welche der beiden Behandlungen mehr verkauft wurden. Ihre Kunden werden sich nicht vor den Kopf gestoßen fühlen, da sie ja zu jedem Zeitpunkt das billigere Angebot wählen können. Und trotzdem denke ich, Sie werden überrascht sein, wie gern Ihre Kunden mehr Geld ausgeben, wenn Sie dafür das Gefühl haben etwas ganz Besonderes von Ihnen zu erhalten

 

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