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Soll ich mir das leisten?


Fachbeitrag für KOSMETIK INTERNATIONAL (03/2018)

Eine solide Kalkulation ist nur ein Faktor, wenn es um kluge Preisgestaltung geht. Ein anderer ist der psychologische Aspekt.

Schließlich spiegelt der Preis in den Augen vieler Kunden auch den Wert der Dienstleistung wider. 

Die Frage nach dem „richtigen Preis“ spielt bei Kosmetikerinnen und Beauty-Profis eine enorm große Rolle. Und zu Recht. Denn in den meisten Fällen werden Preise für kosmetische Dienstleistungen trotz aller verfügbaren BWL-Seminare immer noch anhand der Konkurrenz oder nach Bauchgefühl festgelegt. Das eine ist oftmals genauso falsch wie das andere.

Was aber tun, wenn Alternativen fehlen? Eine solide Kosten- und Preiskalkulation ist für eine erfolgreiche Unternehmensführung unbedingt und auch für diesen Beitrag notwendig. Denn hier soll es um Preisstrategien gehen.

„Ein unschlagbarer Preis“ ist nicht nur das Ergebnis reiner Kalkulation. Tatsächlich hat er zudem eine ähnlich repräsentative Aufgabe wie beispielsweise das Verpackungsdesign oder die Schaufenstergestaltung. Richtig eingesetzt ist ein Preis ein Blickmagnet, erregt Aufmerksamkeit und schafft Interesse am angebotenen Produkt.

Dem angeblichen Billig-Billig-Trend zum Trotz hat stilvoller Luxus bei Autos, Reisen, Mode, Freizeit und Beauty-Produkten Hochkonjunktur. Diese Käufer können Ihre Kunden sein und sie betrachten Preise mit ganz anderen Augen, als Ihnen vielleicht bewusst ist. Während Sie beim Thema Preis möglicherweise nur an den nächsten Umsatz oder die Sicherung Ihrer Kosten denken, spiegelt der Preis für diese Kunden den persönlich empfundenen Wert Ihrer Leistung wider.

Hat Ihr Angebot einen hohen Preis, ist sie viel wert. Ist das Angebot billig ... nun ja.

 

Das Nutzen-Wert-Verhältnis

Der Preis ist demnach lediglich eine Maßeinheit für den Nutzen, den sich ein Kunde von einer Leistung erhofft. Ein typischer Kosmetik-Neukunde verspürt üblicherweise erst einen Mangel bzw. das Bedürfnis, etwas an sich zu ändern. Das könnten Falten um die Augen, ein fahler Teint, schlaffe Gesichtszüge oder vielleicht auch stressbedingte Verspannungen sein. Um diesen Mangel abzustellen benötigt er einen Profi und je nach Intensität des persönlichen Leidensdrucks möglicherweise auch einen sehr spezialisierten Profi zu entsprechend hohen Kosten. Aus Erfahrungen und durch oberflächliche Recherche legt er sich in seinem Kopf ein etwaiges Nutzen-Wert-Verhältnis für die gewünschte Leistung zurecht, durch die sein persönliches Mangelempfinden abgestellt werden soll.

 

Psychologische Grenzen

Je nach Leidensdruck und Lebensstil ist dieses Wertempfinden innerhalb bestimmter Preisgrenzen recht flexibel. Wenn Ihre Leistung diese Grenzen über- bzw. unterschreitet, nimmt der Kunde Ihr Angebot als zu teuer bzw. zu billig wahr. Bei den Kunden Ihrer Zielgruppe sind diese wahrgenommenen „psychologischen Preisgrenzen“ ziemlich identisch und dazu gehören z.B. 25 €, 50 €, 75€, 100 € und so weiter. Kauft Ihr Kunde also üblicherweise für etwa 60 €, wird eine ähnliche Leistung für 90 € als zu teuer und für 45 € jedoch als zu billig wahrgenommen. Eine Preissteigerung bis etwa 75 € z.B. durch attraktive Zusatzleistungen werden dagegen meist problemlos akzeptiert.

Um Ihren Kunden also einen unschlagbaren Preis bieten zu können, muss dieser ausgewogen und authentisch wirken. Und dazu gehört in der heutigen Zeit noch etwas mehr, als nur die reine Qualität Ihrer Leistung.

Bei einer Armbanduhr mag es die Verpackung, das Design, die Art der Präsentation und die allgemeine Wirkung des Ladengeschäfts sein, welche in Summe den Preis in die Höhe treiben. Mal abgesehen von der Verkaufsware, bieten Sie aber Dienstleistungen an. Diese haben den Nachteil, dass sie eben nicht in einem Schaufenster bestaunt oder anprobiert werden können. Die tatsächliche Qualität Ihrer Anwendung wird erst wahrnehmbar, wenn sie der Kunde bereits erhalten hat. Dann jedoch hat er keinerlei Möglichkeit, sie umzutauschen bzw. einfach zurückzugeben. Dadurch entsteht bei dem Kunden bereits im Vorfeld ein „wahrgenommenes Kaufrisiko“, welches er versucht mit alternativen Eindrücken zu kompensieren. Und dazu steht ihm fast nur der Preis, Ihre persönliche Präsentation und die allgemeine Wirkung Ihres Ladengeschäfts zur Verfügung. Ein stilvolles Ambiente ist ein wirkungsvolles Instrument, um hohe Preise authentisch wirken zu lassen. Das bestätigt auch eines dermatologisch ausgerichteten Kosmetiksinstiituts in Dresden, dessen Einrichtung vor einigen Jahrenan den einer Arztpraxis angelehnzt worden war: „Es ist wirklich faszinierend, seit dem Umbau von meinem Studio gibt es überhaupt keine Diskussionen über Preise mehr.“

Stimmt das Ambiente Ihres Studios und Ihre persönliche Präsentation, können wir uns nun Ihrer strategischen Preispositionierung widmen. In der Kosmetik-Dienstleistungsbranche trifft man in der Regel auf fünf Preisstrategien.

 

Masse zum Billigpreis

Die Niedrigpreis-Strategie bietet Masse zum Billigpreis mit dem Ziel, Wettbewerber dauerhaft zu unterbieten. Sie wirkt sich bei Kosmetikstudios in den meisten Fällen ruinös aus. Da Sie Dienstleistungen erbringen, haben Sie im Grunde keine Produkte, die Sie auf Masse verkaufen können. Dennoch sehen erschreckend viele Studios in einem solchen Billig-Preiskampf die einzige Möglichkeit, sich von der Konkurrenz abzuheben. Mir sind Kosmetikstudios bekannt, die es mit der Niedrigpreis-Strategie versucht haben, indem sie beispielsweise eine 60-Minuten-Anwendung für zwischen 15 bis 35 €angeboten haben. Erfolgreich war keins davon.

 

Die Mittelpreis-Strategie bietet ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis und ist erfahrungsgemäß der Ansatz, in welchem sich viele selbständige Kosmetikerinnen mit ihren Leistungen selbst wahrnehmen. Eine 60-Minuten-Anwendung liegt hier bei etwa 40 bis 60 €. In der Kosmetik-Dienstleistungsbranche ist diese Strategie jedoch nicht nachhaltig erfolgreich. Man könnte vielleicht sagen, dass sie zu ehrlich für den aktuellen Wettbewerb ist, der vornehmlich von Niedrig- und Hochpreis-Angeboten dominiert wird. In deren Vergleich wirken die eigenen Preise dann oftmals entweder zu teuer oder zu billig. Beides kostet Kunden. In dem Versuch, Kunden zu halten bzw. neue zu gewinnen, driften auch diese Studios dann oft in Richtung Niedrigpreis-Strategie.

 

Für Anspruchsvolle

Dem gegenüber ist die Hochpreis-Strategie in ihren unterschiedlichsten Abstufungen erfahrungsgemäß ein für den Kosmetikmarkt sehr gut passender Ansatz. Kosmetische Dienstleistungen sind ein Luxus-Gut, das niemand zum Überleben braucht und nur von Personen gekauft wird, die es sich auch leisten können. Kosmetikkunden wünschen sich zunehmend mehr das besondere Erlebnis von ihrer Kosmetikerin und wollen es auch bezahlen, wenn sie es leistet. Je nach Region und Prestige wird für eine 60-Minuten- Anwendung hier von 90 € bis 180 € und mehr berechnet. Der eindeutige Vorteil dieser strategischen Preisausrichtung ist der deutlich höhere Ertrag pro Anwendung. Nicht selten erwirtschaften solche Studios mit vergleichsweise wenig Kunden deutlich mehr Gewinn, als eine Kosmetikerin mit übervollem Terminbuch.

 

Die Promotion-Strategie kennen Sie vielleicht als Kennenlern- oder Aktionsangebot. Es handelt sich um eine Strategie, die eine vergleichsweise hochpreisige Leistung unter besonderen Voraussetzungen z.B. nur innerhalb kurzer Zeit zu einem niedrigeren Preis anbietet. Achten Sie beim Einsatz dieser Strategie bitte darauf, dass der Preisnachlass 15 bis max. 30% des ursprünglichen Verkaufspreises keinesfalls überschreitet. Sonst wirkt das Angebot schnell unseriös. Begrenzen Sie die Dauer des Promotion-Angebots auf eine kurze Zeit von nur vier bis max. acht Wochen, danach muss der Preis wieder hoch sein. Zwischen den Promotion-Angeboten sollten ebenfalls mindestens ein bis zwei Monate verstreichen, um nicht den Eindruck dauerhafter Billig-Angebote zu erwecken. Ein Tipp: Seien Sie in jedem Fall konsequent! Wer das Angebot nicht gekauft hat, hat Pech. Glauben Sie mir, spätestens nach drei dieser Maßnahmen kauft auch der letzte Interessent gleich.

 

Preise im Sinkflug

Die Skimming-Strategie wird auch als „Abschöpfungsstrategie“ bezeichnet und ist praktisch die umgekehrte Form der Promotion-Strategie. Hier wird mit einem sehr hohen Anfangspreis begonnen und mit nachlassendem Interesse der Preis immer weiter gesenkt ... „bis auch der letzte das neue Smartphone mit dem Apfel hat“. In Ihrem Kosmetikstudio bietet sich diese Strategie beispielsweise an, wenn Sie eine neue Anwendung entwickelt oder ein neues Behandlungsgerät erworben haben, welches in Ihrer Region noch einzigartig ist. Dann könnten Sie eine neue Trendbehandlung auf den Markt bringen und diese zum Premiumpreis vermarkten. Sobald Ihre Konkurrenz dann irgendwann nachzieht und vergleichbares anbietet, können Sie im Rahmen verschiedener Aktionen und Behandlungsvarianten den Preis immer weiter senken und sich währenddessen auf die Entwicklung eines neuen Angebots konzentrieren. Dann beginnt das Spiel wieder von vorn.

 

Eine Frage der Darstellung

Aber nicht nur die Preisstrategie an sich, sondern auch die richtige Darstellung des Preises ist entscheidend für das Image Ihres Unternehmens. Nachdem Sie Ihren Preisstrategie-Favoriten gewählt haben, geht es jetzt um die richtige Darstellung. Wenn wir uns auf dem Markt umsehen, fallen uns im Groben drei unterschiedliche Preisdarstellungen auf. Im Einzelhandel hat sich der „Optische Preis“ bewährt, hierbei wird der Kaufpreis um wenige Cent auf z.B. 249,95 € gesenkt, um den Anschein eines günstigeren Angebots zu erwecken.

In der Dienstleistungs-, aber auch oft in der Reisebranche ist der „Ehrliche (oder Errechnete) Preis“ zuhause. Hier finden Sie Preisdarstellungen wie z.B. 247,- € oder 251,-€. Cent-Beträge werden nur selten angegeben, da diese bei persönlich erbrachten Dienstleistungen unglaubwürdig sind und der Gesamtpreis zudem optisch schlanker wirkt.

Der letzte im Bunde ist der „Runde Preis“, welcher vor allem bei Luxus-Gütern, Boutiquen und in hochpreisigen Restaurants zu finden ist. Hier enden die Preise meist bei der letzten Euro-Stelle auf Null oder Fünf wie z.B. 250 €. Auch auf das Komma wird bei der werblichen Darstellung in der Regel verzichtet, wodurch der Preis trotz der unverschleierten Wert-Präsentation optisch kleiner wirkt, als 250,00 €.

 

Wie Sie festgestellt haben werden, sind die dargestellten Beträge wertmäßig nahezu identisch. Jedoch verleiht die unterschiedliche Darstellung dem Preis einen ganz eigenen Charakter, der wiederum das Image Ihres gesamten Unternehmens beeinflussen kann. Wählen Sie sich die Preisdarstellung, bei der Sie sich persönlich am wohlsten fühlen und widmen Sie sich noch einmal ausführlich Ihrer Preisliste. Prüfen Sie in diesem Zusammenhang bitte auch Ihre Kostenkalkulation und beginnen Sie dann die neuen Strategien und Preisdarstellungen Schritt für Schritt z.B. mit regelmäßigen Aktionsangeboten bei Ihren Kunden einzuführen. So lassen sich auch kurz- und mittelfristige Preiserhöhungen recht sanft bei den eigenen Kunden umsetzen. Und Ihre Kasse wird es Ihnen danken.

 

© Autor: Thomas Pretschner

 

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